Holm Dressler
Im April 2020 war TV-Legende Holm Dressler so freundlich, mir per Email ein
Interview rund um seinen Film
Zärtliche Chaoten 2 zu geben.
1) Es handelte sich ja um eine für deutsche Verhältnisse ausgesprochen internationale
Produktion mit Hollywoodstars die Michael Winslow, Deborah Shelton und David Hasselhoff. Wie gestaltete sich die
Arbeit am Set? Welche Sprache wurde gesprochen und wie haben die Amerikaner die Texte gelernt? Sind diese US-Stars
eher unter sich geblieben oder hat sich die ganze Crew durchmischt?
Ja, in der Tat hatte die Produktion durch die amerikanischen Stars internationales Flair bei den Dreharbeiten. Das
babylonische Sprachgewirr haben wir so gelöst, dass die deutschen Schauspieler deutsch und die amerikanischen Stars
englisch gesprochen haben. In der Nachbearbeitung wurden dann alle Dialoge ins Deutsche übersetzt. Die deutschen
Darsteller haben sich selbst synchronisiert und die amerikanischen Stars von deutschen Synchronsprechern. Die Arbeit
am Set war durch und durch entspannt und wir haben beim Dreh viel Spaß miteinander gehabt. Deborah Shelton war sehr
sympatisch und überaus freundlich, Michael Winslow und Jango Edwards haben ständig ihre Späße gemacht und David
Hasselhoff - der ja erst während der Dreharbeiten hinzukam - war ebenso sympatisch und freundlich. Nach den
Dreharbeiten haben wir meist alle zusammen zu Abend gegessen und die deutschen und internationalen Darsteller sassen
inmitten der deutschen Filmcrew.
2) Können Sie erklären, wie es überhaupt zu dieser internationalen Ausrichtung kam, war eine internationale
Vermarktung geplant und hatte der Film Ihres Wissens nach in anderen Ländern nennenswerten Erfolg?
Der Produzent Karl Spiehs ("Lisa Film" Österreich) war bekannt dafür, dass er seine Film- und TV-Produktionen immer
wieder gerne mit internationalen Stars aufmischte. Im Blick hatte er dabei weniger die internationale Vermarktung,
sondern den Erfolg im deutschsprachigen Raum. Soweit mir bekannt ist, war der Film auch in den Ostblock-Staaten sehr
erfolgreich unter dem Titel "Three little Jerks".
3) Wie kam es zum Drehort Gran Canaria? Ein Großteil der LISAFILM-Produktionen wurde ja rund um den Wörthersee
gedreht. War dies für Zärtliche Chaoten 2 auch zu einem Zeitpunkt geplant? War diese Insel bereits laut Drehbuch
vorgesehen oder war es eine produktionstechnische Entscheidung?
Der erste Teil von
Zärtliche Chaoten wurde ja - unter der Regie meines Kollegen Franz Josef Gottlieb - am
Wörthersee gedreht. Mir persönlich hat dieser erste Teil nicht so gefallen, sodass ich den Vorschlag machte, für den
zweiten Teil den Wörthersee zu verlassen und auf Gran Canaria zu drehen.
4) Wie sind ansonsten Ihre Erinnerungen an die Dreharbeiten auf Gran Canaria. Ein Reiz des Films ist - auch heute
noch - seine Leichtigkeit und Unbekümmertheit, dazu der Soundtrack und der sonnige Drehort. Hat sich dies auch
hinter den Kulissen wieder gespiegelt oder haben Sie es eher als harte Arbeit in Erinnerung? Mögen Sie ein paar
Anekdoten mit uns teilen?
Wie schon gesagt, waren die Dreharbeiten durch und durch entspannt! Es wurde viel gelacht und allen Beteiligten -
Darstellern und Filmcrew - hat die Produktion großen Spaß bereitet. Noch während des Drehs wurden von Thomas und von
mir große Teile des Drehbuches umgeschrieben, weil uns spontan immer viele Ideen dazu eingefallen sind. Besondere
Anekdoten fallen mir momentan nicht ein. Ich denke mal darüber nach und reiche sie ggf. nach.
5) Ungewöhnlich ist, dass ZC2 völlig losgelöst vom ersten Teil existiert und "in einem parallelen Universum" spielt.
Haben Sie Erinnerungen daran, ob und wie der Drehbuchautor Thomas Gottschalk dies begründet hat? War Ihres Wissens
nach jemals ein dritter Teil geplant und waren Sie in entsprechende Planungen oder Überlegungen eingebunden?
Die Idee einer Zeitmaschine ist ja prinzipiell nicht neu und wurde auch von Thomas selbst in der Kinokomödie "Die
Einsteiger" bereits in einer Variation beschrieben. Die Idee, einen ungeliebten Chef dadurch zu auszuschalten, dass
man in der Vergangenheit dessen Zeugung verhindert, war allerdings wirklich etwas Neues. Ein dritter Teil war zu
keinem Zeitpunkt geplant.
6) Zärtliche Chaoten 2 war ja ihre erste Regiearbeit, nachdem Sie zuvor schon viele Jahre als Produzent hinter den
Kulissen gewirkt haben. Wie kam es zu diesem Angebot? War dies bereits ein lang gehegter Wunsch von Ihnen, ins
Regiefach zu wechseln? Was hat Sie an dem Angebot gereizt?
Meine TV-Karriere begann ja als Kabelträger 1973 bei der ARD-Musikshow "Musik aus Studio B". Zuvor hatte ich eine
Banklehre gemacht und das Abitur auf einem Ganztagskolleg nachgeholt. Mich interessierte von Anfang an alles, was
mit Film und Fernsehen zu tun hatte. Nach und nach stieg ich mit diversen Jobs innerhalb des Fernsehbusiness auf und
wurde Regieassistent bei Film- und Fernsehproduktionen. Bereits damals wollte ich irgendwann Regisseur werden. Doch
1977 lernte ich Thomas Gottschalk kennen, wir wurden schnell Freunde - und seitdem widmete ich mich mehr den
Showproduktionen zu. Erst die Filmarbeit von Thomas brachte mich dann zurück zum Kino-Genre und so kam es dann bei
"Zärtliche Chaoten, Teil 2" zu meiner ersten Regiearbeit.
7) Auf Wikipedia wird auch Thomas Gottschalk als Regisseur genannt. Handelte es sich tatsächlich um eine gemeinsame
Arbeit? Falls ja, wie wurden die Aufgaben aufgeteilt?
Die Drehbucharbeit und auch die Regieführung waren letztendlich ein gemeinschaftliches Werk von Thomas und von mir.
Auf den Plakaten steht deshalb auch in großen Buchstaben "Ein Film von Thomas Gottschalk und Holm Dressler".
Praktisch gesehen flossen alle Ideen zusammen und wenn es mal verschiedene kreative Auffassungen gegeben hat, hat
sich Thomas beim Drehbuch und ich bei der Regie durchgesetzt :-)
8) Waren Sie damals, 1988, mit dem cineastischen Werk von Thomas Gottschalk und Mike Krüger vertraut? Falls ja,
hatten jene Supernasen-Filme einen Einfluss auf Ihre Herangehensweise an die Dreharbeiten von Zärtliche Chaoten 2?
Von Anfang an war ich bei allen anderen Filmprojekten von Thomas als "Berater" dabei - überliess die letztendlichen
Entscheidungen aber der Produktion oder dem Regisseur. Einfluss auf meine eigene Arbeit als Regisseur hatte diese
beratende Tätigkeit vielleicht nur so, dass ich mit meinem ersten Film alles besser machen wollte. Ob es mir
gelungen ist, bleibt offen und auch eine Geschmacksentscheidung jedes Einzelnen ;-)
9) Die Supernasen-Filme und die ZC-Reihe stammen gleichermaßen aus der Produktion der Lisa-Film von Karl Spiehs. Wie
sind Ihre Erinnerungen an die Zusammenarbeit mit Ihm?
Thomas hatte mich seinerzeit Karl Spieh als sein TV-Redakteur vorgestellt und wir wurden schnell Freunde. Karl Spieh
vertraute mir und meinem Urteil und wollte mich sogar in seine Lisa-Film einstellen. Doch ich blieb "bei meinen
Leisten" und beim Fernsehen.
10) Wie würden Sie diesen Film rückblickend in Ihrer langen Karriere einordnen? Welchen Stellenwert hat er für Sie?
Werden Sie regelmäßig darauf angesprochen, entweder von Fans oder auch von Kollegen aus der Unterhaltungsbranche?
Weil es meine erste Regiearbeit war, zählt der Film absolut zu meinen ganz persönlichen Highlights in meiner
Karriere. Natürlich habe ich auch die zahlreichen "Verrisse" in den Feuiletons der Zeitungen gelesen, doch das war
ich auch von den Showproduktionen gewohnt, dass man es nicht allen recht machen kann. In der Tat werde ich noch
heute oft auf den Film angesprochen von Fans, die damals 10 oder 12 Jahre alt waren und den sogar mehrmals gesehen
haben.
11) Haben Sie heute noch Kontakt zu Protagonisten, insbesondere zu Thomas Gottschalk, aber vielleicht auch zu
anderen beteiligten Personen, und wie sieht dieser Kontakt aus?
Zu Thomas habe ich nachwievor einen engen und guten Kontakt und David Hasselhoff habe ich später oft in TV-Shows als
Gast eingeladen. Auch zu Karl Spiehs, dem es gesundheitlich gar nicht gut geht, habe ich noch engen Kontakt.
12) Falls es zu einer Bluray-Produktion des Films käme, ständen Sie für einen Audiokommentar zur Verfügung?
Ich glaube, diese Frage wird sich nicht stellen und eigentlich müsste man einen Audiokommentar relativ zeitnah zur
eigentlichen Produktion sprechen, da die Erinnerungen durch so viele neue Produktionen überlagert werden.
Vielen Dank, Holm, für die Zeit und Mühen.